Interview mit Andreas Kirschenmann, Präsident der IHK Lüneburg-Wolfsburg, zur Wirtschaftsregion Lüneburg
Wie schätzen Sie die aktuelle wirtschaftliche Situation in der Region Lüneburg ein?
Explodierende Energiepreise, Lieferengpässe und der Arbeitskräftemangel belasten die Wirtschaft im gesamten Bezirk unserer IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW). Das gilt auch für Lüneburg. Aktuell sorgen die Ungewissheit über den weiteren Kriegsverlauf in der Ukraine, die Inflation und steigende Zinsen für Verunsicherung. Aber es gibt auch Lichtblicke. So kann der Lüneburger Einzelhandel auf ein lukratives Weihnachtsgeschäft hoffen, da die Weihnachtsstadt und Rabatt-Aktionen Kunden in die Läden locken.
Was kann verbessert werden?
Das Angebot für Gewerbeflächen in der Region ist spürbar zu knapp. Für die wirtschaftliche Weiterentwicklung ist es elementar, neue Flächen auszuweisen. Dabei geht es nicht nur um Flächen für Neuansiedlungen, sondern auch für Betriebserweiterungen. Der Bedarf an bezahlbarem Bauland für Gewerbe muss bei der kommunalen Flächenentwicklung berücksichtigt werden.
In welchen Wirtschaftsbereichen besteht Handlungsbedarf?
Wichtig ist es, die Innenstadt zu stärken. Dafür braucht es das Engagement aller innenstadtrelevanten Akteure, Investitionen in die Aufenthaltsqualität und in eine gute Erreichbarkeit. Positiv sind die vielen individuellen, inhabergeführten Geschäfte und die vielfältige Gastronomie in Lüneburg. Doch lebendige Innenstädte von morgen brauchen Orte der Begegnung auch abseits des Konsums. Soziale und kulturelle Erlebnisse werden wichtiger. Innenstädte müssen sich neben dem Zuhause und dem Arbeitsplatz als sogenannter dritter Ort etablieren. Ein Ort, an dem Menschen sich gern aufhalten, Freunde, Nachbarn und
auch Fremde treffen.
Welche Vorteile bietet Lüneburg Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Vergleich zu anderen Städten?
Lüneburg hat eine hohe Lebensqualität, das zieht viele Fachkräfte in die Region. Wenngleich auch in Lüneburg der Arbeitskräftemangel spürbar ist, fällt er doch weniger stark ins Gewicht als im ländlichen Raum.
Gibt es ein „Muss“ für die regionale Wirtschaft?
Ein Muss ist die Fachkräftesicherung. Für Unternehmen ist es elementar, sich als attraktiver Arbeitgeber aufzustellen. Als Trägerin eines vom Land Niedersachsen anerkannten Fachkräftebündnis, der Allianz für Fachkräfte Nordostniedersachsen, unterstützt unsere IHKLW zahlreiche Projekte, die Unternehmen bei diesem Zukunftsthema begleiten.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft für den Wirtschaftsstandort Lüneburg?
Neben ausreichenden Gewerbeflächen und einem weiterhin motivierten Miteinander zur Innenstadtentwicklung freue ich mich auf eine bessere Verkehrsanbindung durch die A 39.
INFO
Interessen bündeln
Die Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) ist die Industrie- und Handelskammer für die kreisfreie Stadt Wolfsburg und die Landkreise Harburg, Heidekreis, Lüneburg, Uelzen, Lüchow-Dannenberg, Celle und Gifhorn. Sie ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts und hat die gesetzliche Aufgabe, das Gesamtinteresse der rund 70.000 zugehörigen Gewerbetreibenden und Unternehmen wahrzunehmen. Oberstes Ziel der IHK-Arbeit ist es also, bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen. Die IHKLW ist unter anderem zuständig für Fragen rund um eine berufliche Ausbildung. Ob Azubi, Fach- oder Führungskraft: Auch wer sich weiterbilden möchte, findet unter den 320 IHKLW-Seminaren und -Lehrgängen passende Angebote. Gründer und Unternehmen berät die IHKLW beispielsweise zu Finanzierungsfragen, betrieblichen Innovationen und vernetzt sie bei Veranstaltungen. Traditionell hat die IHKLW ihren Sitz im Herzen von Lüneburg. Doch weil das in Teilen mehr als 100 Jahre alte Gebäude von 2023 an saniert wird, sind die Mitarbeitenden für die Bauzeit in die ehemalige Fachhochschule Volgershall gezogen. Die Neueröffnung des IHKLW-Gebäudes am Sande ist für Herbst 2025 geplant.
www.ihk.de/ihklw